Vom 1.-5. Februar 2024 sind 42 Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 10-13 nach Krakau und Auschwitz gefahren, um sich mit dem Holocaust an den Juden auseinander zu setzen. Bedingt durch die Pandemie konnte diese Fahrt lange Zeit nicht stattfinden. Und so war das Interesse dann auch sehr groß.
Angesichts der aktuellen politischen Situation in Deutschland und der Welt, ist es wichtiger denn je, dass junge Menschen die Möglichkeit haben, sich mit diesem so wichtigen Kapitel deutscher Geschichte auseinanderzusetzen. Die heutige junge Generation trägt keine Schuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Aber: sie trägt die Verantwortung dafür, dass die Erinnerung an diese schreckliche Zeit wachgehalten wird.
Am ersten Tag stand vormittags der Besuch des Krakauer Judenviertels auf dem Programm. Die Schülerinnen und Schüler erhielten viel Hintergrundwissen zur jüdischen Religion und zum jüdischen Leben im Allgemeinen und in Krakau im Besonderen. So besuchten wir u.a. einen jüdischen Friedhof, eine jüdische Synagoge sowie Drehorte aus dem Film „Schindlers Liste“. Nach einer kurzen Mittagspause folgte eine Führung durch die Ausstellung über die Zeit der Besetzung Krakaus. Diese Ausstellung befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite der Weichsel im Gebäude der ehemaligen Emaille Fabrik Schindlers. Wer den Film gesehen hat, dürfte das Eingangstor zur Fabrik wiedererkannt haben.
Am zweiten Tag wurde die Krakauer Altstadt erkundet. Nach dem Aufstieg zum Wawel, einem Wahrzeichen der Stadt, machten wir einen Abstecher ins Zentrum dieser interessanten Stadt und besuchten dort die sehenswerte Marienkirche, einer Basilika aus de m 13. Jahrhundert. Man kann dort z.B. ein Steinkruzifix von Veit Stoß, einem Nürnberger Bildhauer der Spätgotik, der von 1447-1533 lebte, bewundern. Eine Besonderheit dieses Kreuzes ist, dass der gekreuzigte Jesus und das Kreuz selbst aus einem einzigen Steinblock gearbeitet wurde und nicht aus zwei. Dem Künstler Veit Stoß ist eine sehr authentische Darstellung Jesu gelungen.
Des Weiteren wirkte Karol Wojtyla in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts als Erzbischof in der Krakauer Marienkirche. Dass der spätere Papst Johannis Paul II. (1978-2005) von der polnischen Bevölkerung immer noch sehr verehrt wird, ist an den vielen Bildern und Statuen zu erkennen.
Emotionale „Höhepunkte“ der Reise – wenn man das so nennen darf – waren sicher der Besuche des Stammlagers in Auschwitz und dem Vernichtungslager in Auschwitz-Birkenau. Die Führungen durch beide Lager dauerten jeweils mehrere Stunden. Die Schülerinnen und Schüler erhielten von fachkundigen Guides Informationen über den Aufbau und die Organisation in den Lagern, und auch über die Behandlung, die die Menschen (hauptsächlich Juden) hier erleiden mussten. Sie konnten bei der Besichtigung der Orte des Schreckens versuchen, sich emotional ein wenig in die Situation der Gefangenen hineinzuversetzen.
Nach dem Besuch des Stammlagers hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit in zwei Workshops sich noch intensiver mit dem Thema Holocaust zu beschäftigen. Im ersten Workshop stand das Thema „Trauma – Leben ehemaliger Häftlinge nach dem Krieg“ auf dem Programm, im zweiten das Thema „Der Einzelne im Angesicht der Lagerwirklichkeit“.
Mit vielen neuen Eindrücken und sehr vielen Informationen zum Thema im Gepäck endete die 5tägige Reise.
Abschließen soll diesen Beitrag ein Zitat von Theodor W. Adorno, dass zwar schon über 50 Jahre alt ist, aber leider auch heute nichts an Bedeutung verloren hat.
„Die Forderung, daß Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, daß ich weder glaube, sie begründen zu müssen noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen, daß man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat. Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug. Daß man aber die Forderung, und was sie an Fragen aufwirft, so wenig sich bewußt macht, zeigt, daß das Ungeheuerliche nicht in die Menschen eingedrungen ist, Symptom dessen, daß die Möglichkeit der Wiederholung, was den Bewußtseins- und Unbewußtseinsstand der Menschen anlangt, fortbesteht. Jede Debatte über Erziehungsideale ist nichtig und gleichgültig diesem einen gegenüber, daß Auschwitz nicht sich wiederhole. Es war die Barbarei, gegen die alle Erziehung geht. Man spricht vom drohenden Rückfall in die Barbarei. Aber er droht nicht, sondern Auschwitz war er; Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigten, wesentlich fortdauern. Das ist das ganze Grauen. Der gesellschaftliche Druck lastet weiter, trotz aller Unsichtbarkeit der Not heute. Er treibt die Menschen zu dem Unsäglichen, das in Auschwitz nach weltgeschichtlichem Maß kulminierte. […]“ (Theodor W. Adorno: Erziehung nach Auschwitz. 1966)
Text und Fotos: Jörg Münch